Islam Basics
﷽
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen
Für neue Muslime
Die Wege zum Islam sind viele, und jeder, der zum Islam gefunden hat, ist seinen eigenen Weg gegangen. Doch es gibt nur einen Islam. Seine Grundsätze sind einfach und klar, unmissverständlich und verbindlich für jeden, der den Islam angenommen hat.
Vieles, was gar nicht zu diesen Grundsätzen gehört und manches, was ihnen sogar widerspricht, wird gerade heute von sogenannten ,,Lehrern“, ,,Meistern“, ,,Gelehrten“ und ,,Vertretern des Islams“, ja sogar von nicht-muslimischen ,,Experten“, als wahrer Islam verbreitet. Die Bezeichnung Muslim, (ein Wort, das zwar von vielen für sich in Anspruch genommen wird, das aber in Wirklichkeit mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis oder die Befolgung mancherlei außereuropäischen Bräuche verlangt) verdient nur jemand, der diese Grundsätze kennt, verstanden hat, für wahr und richtig hält und sie im täglichen Leben auch anwendet.
Mit dieser Reihe soll neuen Muslimen geholfen werden, den Islam von Anfang an richtig kennen zu lernen. Möge Allah dadurch viele Menschen zu Seiner Barmherzigkeit leiten.
Ahmad v. Denffer
Teil 1
Vier Grundbegriffe
I. Das Wort Islam
Als Erstes solltest Du wissen, was das Wort ISLAM überhaupt bedeutet: es bedeutet Frieden und Hingabe. Das wirst Du gleich noch besser verstehen. Du kennst bestimmt diese Worte, mit denen sich Muslime begrüßen? Salam alaikum, und das heißt: ,,Friede auf euch.“ Das arabische Wort salam bedeutet Frieden und alle anderen Wörter, die ebenfalls mit dieser Wurzel gebildet werden – mit den drei Buchstaben s – l – m, haben dann auch mit dieser Bedeutung, mit Frieden, zu tun. Du siehst sofort: das Wort Islam unterscheidet sich von salam lediglich durch die Selbstlaute (i und a statt a und a) und s – l – m kommt darin vor. Wenn man es genau nimmt, bedeutet Salam ,,Frieden“ und Islam ,,Frieden machen“. Und wenn Du noch dazu das Wort Muslim betrachtest, stellst Du fest: auch hier kommt wieder s – l – m vor und Muslim bedeutet: einer der Frieden macht.
Noch einmal:
s – l – m etwas, das mit Frieden zu tun hat
Salam Friede.
Islam Frieden, Frieden machen.
Muslim einer, der Frieden macht.
Das wäre die wörtliche Bedeutung und damit ist gemeint: Islam heißt, Frieden machen und zwar seinen Frieden machen
- mit Gott
- mit sich selbst
- mit anderen Menschen
- mit Gottes Schöpfung.
Muslim ist, wer das tut, wer seinen Frieden mit Gott gemacht hat und darum seinen Frieden mit sich selbst, mit den anderen Menschen um ihn herum und mit Gottes Schöpfung, mit der ganzen Umwelt, die ihn umgibt. Darum sagt man auch einfach kurz und knapp: Islam ist Frieden.
Zu klären ist nur noch: wie machst Du Deinen Frieden und vor allem Deinen Frieden mit Gott, von dem der Friede mit Dir selbst, den anderen und Deiner Umwelt abhängt? Die Antwort darauf ist in der zweiten Bedeutung des Wortes Islam enthalten: durch Hingabe. Du machst Frieden mit allem und überall, in dem Du Dich Gott hingibst, Dein Leben Gottes Willen unterstellst und danach strebst, zu tun, was Deinem Schöpfer wohlgefällig ist. Diese Hingabe an den Schöpfer und das Bemühen, sich so zu verhalten, wie der Schöpfer es vorgesehen hat, ist der Schlüssel zum Frieden, zum Islam in Deinem Leben, zum Frieden und Islam allgemein.
Mit anderen Worten: Islam bedeutet Frieden durch Hingabe an Allah, den Einzigen Gott.
II. Das Wort Islam
Als zweites ist für Dich notwendig, zu erkennen und anzuerkennen: vor Allah, mit dem Du Deinen Frieden machen willst, ist immer entscheidend, was Du selbst wirklich willst, Deine Absicht mit anderen Worten. Das hat der Prophet Muhammad (Friede und Segen Allahs auf ihm) so ausgedrückt: ,,Die Taten sind den Absichten entsprechend, und für jeden Menschen (ist), was er beabsichtigt hat. Wer also seine Auswanderung um Allahs und Seines Gesandten Willen unternahm, dessen Auswanderung war für Allah und Seinen Gesandten, und wer seine Auswanderung um der Welt willen unternahm, sie zu erlangen, oder wegen einer Frau, sie zu heiraten, dessen Auswanderung war für das, dessentwegen er auswanderte.“ Es kommt also bei allem, was Du tust, auf Deine Absicht an. Das arabische Wort für Absicht lautet nijja, und es wird Dir noch oft genug begegnen. Das Beispiel, das der Prophet gebraucht hat, um den Sachverhalt klar zu machen, betrifft die Auswanderung, und zwar die Auswanderung, die von den Muslimen im Jahre 622 von Mekka nach Medina unternommen wurde. Hier wird erklärt: zwei Männer haben die Auswanderung unternommen, der eine, weil Allah und Sein Gesandter zur Auswanderung aus Mekka aufgefordert haben, und der Andere, weil er in der Stadt Madina eine Frau heiraten wollte. Äußerlich betrachtet, gibt es keinen Unterschied: beide sind aus Mekka fortgegangen, und beide haben sich in Madina niedergelassen. Aber die Gründe, die Absichten, weshalb sie die Auswanderung unternommen haben, unterscheiden sich ganz deutlich, obwohl die Handlung oder Tat der Beiden die gleiche ist. Von Gott beurteilt werden deine Taten aber nicht nach ihren Äußerlichkeiten, sondern eben aufgrund der Absicht, mit welcher Du deine Taten vollbringst. Was immer Du von nun an tust, solltest Du mit ganzem Willen und vollem Bewusstsein tun und Dir auch immer klar machen, was Du im Begriff bist zu tun. Denn das ist es, wonach Du gefragt werden wirst. Und alles, was Du von nun an tust, solltest Du prüfen und messen an dem Maßstab: ist es Allah wohl gefällig oder nicht? Kommst Du zu dem Schluß, dass es Allah wohlgefällig ist, dann tue es in vollem Bewusstsein und mit der klaren Absicht, es zu tun, um Gott wohlgefällig zu sein. Stellst Du fest, dass es Gott nicht wohlgefällig ist, dann lasse davon ab, in vollem Bewusstsein und mit der klaren Absicht, es zu lassen, weil das Ablassen davon Gott wohlgefällig ist. Der Prophet hat bei anderer Gelegenheit gesagt: ,,Allah, der Mächtige und Erhabene nimmt nur solche Taten an, die allein für Ihn und nur um Seines Wohlgefallens willen getan werden.“
Prüfe also von nun an stets, wenn Du etwas tun willst. Das hat zwei große Vorteile für Dich: erstens hilft es Dir, Gott wohlgefällig zu leben, Deinen Frieden mit Ihm zu machen, indem Du nur tust, was Ihm wohlgefällig ist, und zum zweiten hilft es Dir, überhaupt bewußt und frei zu leben, statt von Gewohnheiten und äußeren Einflüssen dein Leben bestimmen zu lassen. Betrachte unter diesem Aspekt auch jetzt noch einmal die Frage, weshalb du dich gerade mit dem Islam beschäftigst und fasse dann den deutlichen und klaren Entschluss, den Islam als deine Lebensweise anzunehmen, weil der Schöpfer das von all Seinen Geschöpfen möchte, auch von Dir, ganz gleich, auf welchem Weg und aus welchem Anlass. Wenn du einmal angefangen hast zu fragen: Islam, was ist das? oder zu fragen: wie werde ich Muslim?
III. Ibada
Den dritten Grundbegriff hast Du schon kennengelernt, zumindest indirekt. Auch hier geht es um Dein Tun und Deine Handlungen. Alles, was Du tust, um Gott wohlgefällig zu sein, alles, was
Gott wohlgefällig ist, gilt im Islam als Gottesdienst: ibada. Das Wort ibada bedeutet eigentlich ,,Knecht sein“ oder ,,Knechtschaft“, und der Mensch, der sein Leben unter Gottes Willen gestellt hat, wird deshalb oft auch als ,,Knecht Gottes“ (abd Allah) bezeichnet. Etwas um Gottes willen zu tun, ist Gottesdienst. Dazu zahlt im Islam, weil – wie Du schon weißt -, die Taten nach ihren Absichten beurteilt werden, nicht nur der ,,Gottesdienst“ im landläufigen Sinn, also nicht nur Gebet und Besuch des Gotteshauses, sondern eben alles, was der Mensch um Gottes willen tut, alles was er tut, um Gott wohlgefällig zu sein, auch die einfachsten Dinge des täglichen Lebens, wie Essen und Trinken zum Beispiel. Wenn Du von nun an kein Schweinefleisch mehr isst und keinen Alkohol mehr trinkst, weil das Allah nicht wohlgefällig ist, und wenn Du also um Gottes willen darauf verzichtest, dann ist auch das ibada, ein klarer Ausdruck Deiner Absicht, Gottes Knecht zu sein, d.h. Dich Seinem Willen zu fügen und hinzugeben und Frieden mit Ihm zu machen. So kannst Du Dein gesamtes Leben unter Gottes Willen stellen und Deinen Frieden mit Ihm machen.
IV. Tauhid
Der vierte Grundbegriff, den Du kennen musst, heisst tauhid, was ,,Einheit“ bedeutet, und gemeint ist damit Gottes Einheit und Gottes Einzigkeit. Der erste Glaubensgrundsatz im Islam lautet ja: es gibt nur einen Gott. Wenn Du nun Deinen Frieden mit Gott machen willst, geht das nur dann, wenn Du Dich dazu entschließt, niemandem und nichts anderem zu dienen, außer dem einen und einzigen Gott. Das arabische Wort Allah heißt genau das: der (eine einzige) Gott. Es ist zusammengesetzt aus zwei Worten: al- und llah, wobei al- einfach ,,der“ heißt und llah heißt ,,Gott“. Außerdem ist noch zu bemerken, dass es für das arabische Wort llah keine Mehrzahl gibt!
al-llah, zusammengeschrieben als ,,Allah“ heißt also wirklich ,,der Gott“, neben dem es nichts anderes gibt. All Dein Handeln soll nun bestimmt sein von der Absicht, etwas um Gottes Willen zu tun, also nicht aus anderen Gründen. Was im Islam mit ,,Götzendienst“ gemeint ist, schließt deshalb auch viel mehr ein als die landläufige Vorstellung, vor Bildern oder Figuren zu beten. Wenn ibada, Gottesdienst, alles einschließt, was Du um Gottes willen tust, dann schließt Götzendienst (auf arabisch: schirk) alles ein, was Du aufgrund anderer Antriebe tust, die den Wunsch, Gott wohlgefällig zu sein, verdrängen. Falsche Götter sind darum nicht nur Götzenbilder, sondern auch und gerade all das, was den Menschen zum Ungehorsam Gott gegenüber fuhrt. Wenn Dein Geltungstrieb Dich dazu führt, Dich fälschlicherweise als verdienstvoll und einen anderen Menschen im Gegensatz zu Dir als mangelhaft dar zustellen, hast Du nicht Gott gedient, der Dir Wahrhaftigkeit aufgetragen und die Lüge verboten hat, sondern Du hast Dir Dein Ego zum Götzen genommen und diesem Götzen gedient. Wenn Dein Streben nach Geld oder materiellen Gütern Dich dazu bringt, im Geschäftsleben unrechte Dinge zu tun, hast Du nicht Gott gedient, sondern dem Götzen Mammon. Die Beispiele sind zahlreich, und jeder weiß über sich selbst am besten Bescheid. Betrachte Dich selbst und denke darüber nach: wer oder was hindert mich, Gott wohlgefällig zu leben? Wer oder was will von mir Gehorsam fordern, Hingabe und Opferbereitschaft außer dem einen und einzigen Gott Allah? Wer oder was will, dass ich dem einen und einzigen Gott Allah nicht wohlgefällig lebe? Wer oder was will sich in meinem Leben neben oder sogar an die Stelle Allahs setzen?
Nimm Deine Zuflucht bei Allah davor. Bitte Allah, daß Er Dir hilft, nie mehr der Sünde des schirk zu verfallen und festzuhalten am tauhid dem Prinzip, daß es nur einen einzigen Gott gibt und darum auch in Deinem Leben nur den einen und einzigen Gott geben darf.
Und denke immer daran: nur Er, Allah, kann Dir helfen, niemand und nichts sonst. Lasse nicht zu, dass sich irgend etwas oder irgend jemand zwischen Dich und Allah schiebt. Es würde Dich letztendlich vom geraden Weg abbringen. Sprich oft und viel mit Allah, dem Einzigen, der Deine Gebete erhören kann. Er hört, was Du sagst, Er sieht, was Du tust, Er weiß, was Du brauchst. Er hat in Seinem Wort, dem Heiligen Koran gesagt: ,,Und wenn Meine Knechte Dich nach Mir fragen, Ich bin ja nahe. Ich antworte dem Ruf des Rufenden, wenn er Mich ruft. Darum sollen Sie auf Mich hören, und sollen an Mich glauben, damit sie rechtgeleitet sind.“ (2: 186).
Teil 2
Quellen unseres Wissen
Unser Wissen über den Islam schöpfen wir aus zwei Quellen: dem heiligen Qur’an und der Sunna des Propheten Muhammad (s).
I. Der heilige Qur’an
Qur’an (Koran) ist der Name der heiligen Schrift des Islam. Das Wort bedeutet eigentlich: ,,das Vorzutragende“, d.h. etwas, das man vortragen oder vorlesen soll. Der Qur’an enthält die Offenbarung von dem Schöpfer und Erhalter der Welten. Als Botschaft von Gott an die Menschen ist er von außerordentlicher Bedeutung für uns Menschen. Der Qur’an enthält die Rechtleitung des Schöpfers für seine Geschöpfe. Sie wurden uns durch den Propheten Muhammad (s) mitgeteilt, der sie im Laufe von 23 Jahren, bei den Gelegenheiten, als Offenbarung von Allah durch den Engel Gabriel erhielt. Muhammad (s) hat dann immer, wenn er eine solche Offenbarung bekam, sie den Menschen vorgetragen. All das Vorgetragene wurde von seinen Gefährten auswendig gelernt und niedergeschrieben, so dass als der Prophet Muhammad (s) auf dem Sterbebett lag und die Offenbarung zu Ende gekommen war, der Koran mündlich und schriftlich überliefert als Schrift der Offenbarung vorlag. Bis heute ist er uns in dieser Form erhalten, unverändert und der ursprünglichen Fassung gemäß. Alles, was Allah dem Menschen abschließend mitteilte, ist in dieser heiligen Schrift enthalten. Sie wird auch heute in ihrer ursprünglichen Form und Sprache weitergegeben. Zwar zieht man verlässliche Übersetzungen heran, wenn man der Sprache des Korans nicht mächtig ist, doch gelten diese immer nur als Übertragung und nicht als die eigentliche Heilige Schrift des Islam. Der Qur’an, die Heilige Schrift des Islam, ist nur das Original, in arabischer Schrift und Sprache, und wird auch nur auf diese Weise im Gottesdienst vorgetragen. So ist gewährleistet, dass alle Übersetzungen jederzeit am Original geprüft werden können und Fehler, Irrtümer und Missverständnisse sich in die heilige Schrift des Islam nicht einschleichen können. Wir haben somit die Gewissheit, dass im Heiligen Qur`an, wie wir ihn heute lesen, nichts anderes steht als das, was der Prophet Muhammed (s) vor gut 1400 Jahren seinen Zeitgenossen als Gottes Botschaft und Rechtleitung für die Menschen vorgetragen hat. Der heilige Qur’an besteht aus 114 Kapiteln (Suren), in denen die verschiedenen Themen behandelt werden, die für den Menschen und sein Leben auf dieser Erde von Bedeutung sind. Mit dem Qur’an hat der Schöpfer seinen Geschöpfen mitgeteilt, wie sie ihr Leben einrichten sollen, worauf sie zu achten haben, und wie sie Sein Wohlgefallen und Seine Zustimmung finden können. Der heilige Qur’an erinnert dich an Deinen Ursprung und Deine Herkunft als Geschöpf und weist Dich auf Deine Zukunft hin. Er mahnt den Menschen mit dem Hinweis auf das Ende der Welten und den Tag der Auferstehung. Er gibt den Gläubigen frohe Botschaft mit dem Hinweis auf Gottes Barmherzigkeit und Gnade. Er erinnert Dich an das Ende früherer Zeitgenossen, mit dem Hinweis auf die Gemeinschaften vor unserer Zeit und den von Allah zu ihnen gesandten Propheten von Adam über Noah, Abraham, Moses und Jesus. Er teilt Dir mit, wie Du Gott dienen und wie Du Dich Deinen Mitmenschen gegenüber verhalten sollst, in den verschiedensten Situationen und Lebenslagen. Mit anderen Worten: der Heilige Qur’an ist die Grundlage des Wissens über den Islam, und als Muslim solltest Du täglich darin lesen. Beginne damit noch heute. ¹
II. Die Sunna des Propheten
Das Wort Sunna bedeutet ,,Weg“ oder „Vorbild“ und damit ist gemeint: „beispielhaftes Verhalten“. Während der heilige Qur’an das Wort Gottes an die Menschen enthält, hat uns der Prophet Muhammad (s) durch sein beispielhaftes Verhalten – seine Sunna – gelehrt, wie das Wort Gottes im praktischen Leben anzuwenden ist. Der Heilige Qur’an schreibt uns das fünfmalige tägliche Gebet und seine Hauptverrichtungen vor, der Prophet Muhammad (s) hat uns gelehrt, wie man es verrichtet. Der Heilige Qur’an trägt uns auf, unseren erworbenen Besitz mit den Bedürftigen zu teilen, der Prophet Muhammad(s) erläutert uns, wovon wir wieviel geben sollen. Du siehst: der Heilige Qur’an und die Sunna des Propheten sind engstens miteinander verknüpft. Und so ist es mit vielen Dingen. Sehr oft entnehmen wir dem Heiligen Qur’an was zu tun ist und erfahren aus der Sunna wie es getan wird. Die Berichte der Zeitgenossen des Propheten Muhammad (s) über sein beispielhaftes Verhalten sind uns auf verschiedenen Wegen überliefert und auch niedergeschrieben worden. Aber anders als beim Heiligen Qur’an handelt es sich hierbei nicht um Offenbarung von Gottes Wort. Es sind vielmehr die Berichte der frühen Muslime über das, was sie der Prophet Muhammad (s) über die Anwendung von Gottes Wort im täglichen Leben gelehrt hat. Als Muslim willst Du auch darüber unterrichtet sein, um nach dem Beispiel des Propheten handeln zu können, wie Allah es Dir im Heiligen Qur’an aufgetragen hat: ,, …und gehorcht Allah und dem Gesandten …“ (3:126). Lies also auch immer wieder aus der Sunna des Propheten.² Du siehst: die beiden Quellen des Wissens über den Islam sind eng miteinander verbunden. Beachte dabei aber noch folgendes:
- Nimm von nun an als Maßstab zur Beurteilung der Dinge diese beiden Quellen an. Wenn Du etwas über den Islam erfährst, frage danach: was sagt der Heilige Qur’an dazu, und was die Sunna des Propheten? So kannst Du erkennen, was dem Islam entspricht. Nimm ein Beispiel: oft wird behauptet, der Islam lehre, die Frau habe keine Seele. Prüfe dies anhand des Heiligen Qur’ans. Du wirst feststellen: es trifft nicht zu. Der Heilige Qur’an und auch die Sunna unterscheiden im Hinblick auf die Seele nicht zwischen Mann und Frau. Nur wenn Du Dich auf Qur’an und Sunna beziehst, kannst Du wirklich und unmissverständlich die Wahrheit über den Islam erfahren.
- Richte Dich aber als Muslim von nun an auch in allen anderen Dingen nach Qur’an und Sunna. Lebe von nun an so, wie Allah es Dir in Seinem Wort aufgetragen und der Prophet es durch seine Sunna gelehrt hat. Beurteile richtig und falsch, gut und schlecht, sinnvoll und sinnlos nach diesen Maßstäben. Es sind die Maßstäbe des Islam, für Dich als Muslim verbindlich. Noch ein Beispiel: jemand mag behaupten, als wirklich nur auf Gott ausgerichteter Mensch solle man ehelos leben. Prüfe dies anhand des Heiligen Qur’ans und der Sunna. Du wirst feststellen: es trifft nicht zu. Qur’an und Sunna lehren, dass die Ehe eine wesentliche Sache für jeden Menschen ist, und dass sie sowohl an sich Gott wohlgefällig ist, als auch zum Gott wohlgefälligen Leben führt.
- Beachte auch, dass die Grundsätze und Regeln aus Qur’an und Sunna ein einheitliches Ganzes darstellen. Das islamische Leben ist allumfassend. Es ist nicht sinnvoll, sich die eine oder andere Sache auszuwählen, und auf den Rest zu verzichten. Dann würden viele der islamischen Grundsätze ihre Bedeutung verlieren, ja sogar Widersprüche entstehen. Nimm das folgende Beispiel: Du liest im Heiligen Qur’an, dass bei der Erbteilung der Frau nur die Hälfte dessen zugesprochen wird, was der Mann erhält (4:12). Wer nicht daran denkt, dass die islamischen Grundsätze wie die Glieder einer Kette sind, wird nun hieraus folgern wollen: Frauen würden Männern gegenüber benachteiligt. Als Muslim wirst Du immer nach der Gesamtheit der islamischen Grundsätze fragen. Wenn Du im Qur’an liest, wirst Du auch feststellen, dass nach islamischer Lehre der Mann immer für die Frau zu sorgen hat, nicht aber die Frau für den Mann. (2:236 ff.) Frauen haben demnach viel weniger materielle Verpflichtungen als Männer, während Männer ein größerer Erbteil zusteht, damit sie ihren Verpflichtungen, z. B. ihren Frauen und Familien gegenüber nachkommen können. Du siehst: die islamischen Grundsätze sind tatsächlich wie Glieder einer Kette. Jedes einzelne, losgelöste Kettenglied ist an sich zwecklos und wertlos. Sie bilden nur dann eine feste Kette, die wirklich hält, wenn jedes Glied mit dem anderen fest verknüpft ist. Im Leben als Muslim sollst Du darum auch die islamischen Grundsätze insgesamt verwirklichen, und nicht die eine oder andere Sache, ohne Sinn und Zusammenhang.
¹Leider gibt es vorläufig noch keine vollständige Übertragung des Qur’ans in die deutsche Sprache durch einen Muslim. Deshalb solltest Du auf die Übersetzung von Max Henning (Reclam Verlag Stuttgart) zurückgreifen, die nicht allzu viele Fehlerenthält. Einen guten Einstieg in das Koranlesen vermittelt die folgende Schrift: Muradm Khurram: Der Weg zum Qur'an, Köln-Leicestcr, Verlag lslamische Bibliothek, 1982.
²In deutscher Sprache liegen hierzu verschiedene Auszüge vor, die über die Islamischen Zentren erhältlich sind. Fur Dein tägliches Leben ist zu empfehlen: Denffer, Ahmad v.: Ein Tag mil dem Propheten, Haus des Islam, Lützelbach 1983. Diebisher umfangreichste Sammlung im deutscher Sprache ist: Denffer. Ahmad v (Hg.) Allahs Gesandter hat gesagt…, Haus des Islam, Lützelbach 1984
Teil 3
Der Glaube (Iman)
Aus Qur’an und Sunna entnehmen wir vor allem anderen Dreierlei:
- was wir als Gottergebene glauben, d. h. für wahr halten,
- wie wir diesen Glauben durch bestimmte Grundsätze praktisch anwenden
- und wie wir überhaupt unser Leben gestalten
Was den Glauben¹ betrifft, dann handelt es sich um sechs Punkte, die du kennenlernen und für wahr halten musst, um gläubiger Muslim zu sein. Du bringst dies mit folgenden Worten zum Ausdruck:
ich glaube an ALLAH – amantu bi-llahi
und seine Engel – wa mala‘ ikatihi
und seine Schriften – wa kutubihi
und seine Gesandten – wa rusulilhi
und den Jüngsten Tag – wa-l -jaumil -l-achiri
und an die Bestimmung – wa bi-l-qadri
ihr Gutes und ihr Böses – chairihi wa scharrih
I. Glaube an ALLAH
Über Allah hast du ja inzwischen ja noch einmal nachgedacht, als vom Grundsatz des tauhid die Rede war. Glaube an Allah bedeutet, dass Du überzeugt bist von seiner Einheit und Einzigkeit und von den übrigen Eigenschaften, die Er uns über Sich mitgeteilt hat. Dazu gehört:
- Allah ist da, Er existiert, es gibt Ihn.
- Allah ist schon immer da, Er hat keinen Anfang.
- Allah ist immer da, Er hat kein Ende.
- Allah ist anders als alles sonst, nichts ist Ihm gleich.
- Allah besteht aus Sich selbst heraus, Er braucht nichts.
- Allah ist eins, Er besteht z.B. nicht aus drei Personen.
- Allah hat Macht, Er ist allmächtig.
- Allah hat Willen, Er ist allbestimmend, allwollend.
- Allah hat Leben, Er lebt immer und stirbt nicht.
- Allah hat Hören, Er ist allhörend.
- Allah hat Sehen, Er ist allsehend.
- Allah spricht mit seiner Rede, Er teil mit, befielt und verbietet.
Mit anderen Worten:
Allah ist der Herr der Welten, d.h. Er ist Herr von allem, was es gibt, Er ist der Schöpfer, der alles gemacht hat, Er ist der Erhalter, der alles erhält und versorgt. Er ist ewig, allhörend, allsehend, allwissend, allmächtig. Er leitet den Menschen durch Sein Wort in der Offenbarung. Darüber hinaus hat Allah noch viele andere Eigenschaften. Der Qur’an sagt das Allah die schönsten „Namen“ hat, und in der sunna werden 99 davon aufgezählt wie z.B. Allah der Allerbarmer, der Barmherzige, der Herrscher, der Heilige, der Richter, der Vergebende, der Erhabene, der Allweise, das Licht, der Rechtleitende, usw. Du wirst diese und andere Eigenschaften von Allah beim Lesen des Qur’ans und der sunna bald noch besser kennenlernen, vor allen Dingen aber in Deinem eigenen Leben und um Dich herum, wenn du nur darauf achtest und Ausschau danach hältst, wie Allah mit Seinen Geschöpfen umgeht, auch mit Dir und Seiner Schöpfung, auch mit Deiner Umgebung und Deiner Umwelt. Sieh Dir aber noch einmal die zuerst genannten 13 Punkte an, die Du als Muslim von Allah glaubst:
- Dasein
- ohne Anfang
- ohne Ende
- anders als alles sonst
- aus Sich selbst bestehend
- eins
- allmächtig
- allwollend
- allwissend
- lebend
- allhörend
- allsehend
- redend
Wenn du versuchst, Dir das vor Augen zu führen, und dabei auch Dich selbst immer im Blick behält, oder als Gattung Mensch, die höchstentwickelte Spezies überhaupt, dann wird Dich dieser Vergleich in deinem Wunsch bestätigen, Deinen Frieden mit Gott zu machen und nach Seinem Willen zu leben. Dadurch, dass Du Allahs Eigenschaften mit dem Verstand betrachtest, den Er Dir gegeben hat, wird in Dir die Ehrfurcht vor Ihm beständig werden, der Wunsch Ihm gehorsam zu sein, sich Ihm zu nähern durch Taten, die Ihm wohlgefällig sind und der Wunsch, von dem abzulassen, was Er verboten hat.
(Fortsetzung folgt…)